Wir machen uns die (neue) Welt, wie sie uns gefällt - Leben in Reterra Rezension
In Hasbros "Leben in Reterra" wetteifern 2 bis 4 Spieler darum, wer die Zivilisation der Zukunft am effektivsten wieder aufbaut. Thematisch bewegen wir uns dabei offensichtlich in einer postapokalyptischen Welt. Das legt nicht nur der Name "Reterra" nahe, der so etwas wie "Wieder-Erde" bedeutet. Auch die Bebilderung des Spielmaterials lässt keinen Zweifel daran, dass hier eine Gesellschaft aus Ruinen aufersteht.
Alle Gebäude, die wir in unserer Gemeinschaft errichten, enthalten Spuren einer vergangenen Zivilisation. So wurde etwa die Schule mit Teilen eines Flugzeugcockpits gebaut. Derr Sportplaz befindet sich in einer riesigen überwucherten Satelittenschüssel.
Trotz des eigentlich ernsten Themas schafft es das Plättchenlegespiel von Eric M. Lang und Ken Gruhl eine leichte und positive Stimmung zu vermitteln. Das liegt vor allem an der farbenfrohen und cartoonartigen Gestaltung. Ganz klar: Hier liegt der Schwerpunkt nicht auf Apokalypse, sondern auf Wiederaufbau.
Trotzdem hat auch das "Leben in Reterra" Schattenseiten in seiner Umsetzung.

Erster Eindruck
Mein unmittelbarer Eindruck nach dem Öffnen der Packung ist äußerst positiv. Schon auf den ersten Blick weiß das von Hasbro Gaming produzierte Spielmaterial zu überzeugen. Zugegeben - die Gebäudeplättchen sind etwas dünner als man dieses von ähnlichen Spielen gewohnt ist. Das Material besticht jedoch durch seine schöne Gestaltung und ist durchaus zweckmäßig. Bei den restlichen Komponenten geht Hasbro dann aber deutlich über reine Zweckmäßigkeit hinaus: Die Anleitung aus verstärktem Papier macht sofort einen äußerst wertigen Eindruck. Highlight sind jedoch mehrere herausnehmbare Plastikboxen, die optimal auf die Aufbewahrung des Spielmaterials abgestimmt wurden. Kern des Spiel sind mehrere Sets von Gebäudekarten mit dazugehörigen Plättchen. Für jedes dieser Sets bietet die Packung eine eigenes Aufbewahrungsfach.
Ein weiteres mobiles Fach enthält alle Marker und Spielsteine. So lässt sich das Spiel jederzeit wieder leicht auf- und abbauen - ohne langes Sucherei. Das macht sogleich Lust auf die erste Runde. Die fast schon luxeriös anmutenden Sortiereinlagen sind besonders hervorzuheben, da wir es hier nicht mit einem hemmungslos überproduzierten Crowdfunding-Titel zu tun haben, sondern mit einem Familienspiel für rund 35 Euro.
Wo Licht ist, ist diesem Fall aber auch der oben bereits erwähnte Schatten, der nicht unerwähnt bleiben soll. Minuspunkte zeigten sich nämlich bei der näheren inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gebotenen. Obwohl die Grundregeln gut verständlich sind, gewinne ich schnell den Eindruck, dass die Anleitung etwas konkrter sein könnte. Ein paar mehr Beispiele oder ausführlichere Erklärungen hätten dem Einstieg durchaus gut getan.
So gibt es im Spiel die Möglichkeit, Bewohner auf Gebäude zu platzieren. Wie viele dieser Spielsteine solch ein Gebäudeplättchen aufnehmen kann, verrät mir die Anleitung allerdings nicht. Dass ein Bewohner pro Spielplanfeld Platz findet, erscheint mir zwar nahe liegend - Gewissheit verschafft aber erst die Recherche im Internet. Noch frustrierender ist dann der Umstand, dass sich Fehler in die deutsche Übersetzung eingeschlichen haben. So erlaubt das Gebäude Krankenhaus einem Spieler, Bewohner in andere Gebäude auf seinem Spielplan zu platzieren. Die deutsche Karte erhält jedoch die fehlerhafte Formulierung, dass man ein Gebäude platzieren darf.
Erneut hilft mir das Internet aus.
Die Regeln
Wer sich jetzt abgeschreckt fühlt, dem sei versichert, dass sich hinter den kleinen Macken ein durchaus motivierendes und abwechslungsreiches Spielprinzip verbirgt. Vor allem lässt sich die Herausforderung durch die Variation der Kartensätze in jedem neuen Spiel immer wieder neu anpassen.

Kommen wir also jetzt endlich dazu, worum es bei "Leben in Reterra" eigentlich geht:
Jeder Spieler hat die Aufgabe, eine blühende Gemeinschaft aus 4x4 quadratisch angeordneten Geländeplättchen aufzubauen. Dazu bedienen wir uns zu Beginn jedes Zuges an einer offenen Plättchen-Auslage. Alternativ besteht die Möglichkeit, eines von drei Plättchen von unserer Hand zu spielen. Anschließend haben wir die Option ein Gebäude zu platzieren. Pro Spiel liegen fünf Gebäudetypen offen aus. Eine Karte beschreibt die Funktion, während die Gebäude selbst durch unterschiedlich geformte Plätchen symbolisiert werden. Die Herausforderung: Wir können ein Gebäude nur auf Landschaftsfeldern bauen, auf denen Zahnräder abgebildet sind. Das heißt, dass wir das Gelände so in unsere Gemeinschaft einfügen müssen, dass Zahnrad-Flächen in der Form des geplanten Gebäudes entstehen.
Schließlich verfügt jedes Gebäude über eine Funktion, die wir in unserem Zug aktivieren können. Und damit wird es nun richtig interessant - denn die Gebäude erlauben uns auf vielfältige Weise, Siegpunkte zu generieren oder unseren Nachbarn die Siegchancen zu vermiesen. So können wir beispielsweise Müllmarker in die Gemeinschaften unserer Mitspieler schicken. Diese bringen am Spielende einen Minuspunkt.
Genauso erlauben uns Gebäude aber auch, Bewohner zu generieren, die am Ende jeweils einen Siegpunkt für uns zählen. Darüber hinaus verfügen einige Gebäude über eigene Bedingungen, die uns Punkte versprechen, wenn wir sie im Laufe des Spiels erfüllen. Schließlich bringt uns auch die Plazierung möglichst vieler zusammenhängender Geländetypen Pluspunkte auf unser Siegpunktekonto. Der Einsatz des favorisierten Geländeplättchens lässt sich aber natürlich nie genau vorausplanen - denn zwischen unseren Zügen sind ja auch noch die Mitspieler an der Reihe, die uns das passende Plättchen im letzten Moment vor der Nase wegschnappen können.
Fazit
"Leben in Reterra" ist ein frischer Beitrag zum Genre der Plättchen-Legespiele. Trotz kleiner Mängel ist die Neuheit jedem zu empfehlen, der mit dieser Art Spiel etwas anfangen kann oder nach einem möglichst niedrigschwelligen Einstieg in die Welt bunter Plättchen sucht. Für den Preis von 35 Euro bietet der neue Titel von Eric M. Lang und Ken Gruhl viele Varianten und verschiedene Strategien, die anhaltenden Spielspaß versprechen.