Preview (Kino): Die Lügen der Sieger

Böhmermann hat es jüngst demonstriert, wie schnell sich Journalisten auf eine "Story" stürzen, wenn man ihnen nur den kleinen (oder Stinke-)finger hinhällt ... Auch Florian David Fitz muss sich in Die Lügen der Sieger fragen, wie sicher seine Informationsquellen sind ...

Kühl und ernüchternd: Die Lügen der Sieger zeigt ungeschönt den Interessens-Krieg um eine Medienrealität: Lobbyisten als Handlanger bei der Konstruktion einer "Realität" und Journalisten als schreibende Marionetten.

Fabian steckt in SpielschuldenDer arrogante Journalist Fabian Groys (Florian David Fitz) liebt das Spiel mit dem Risiko: Er ist ein Zocker und ständig auf der Suche nach der großen Enthüllungsstory. Plötzlich springt ihm jedoch ein wichtiger Informant in einem vielversprechenden Bundeswehr-Fall ab und dann drückt ihm auch noch sein Ressortleiter (Horst Kotterba) die übermotivierte Praktikantin Nadja (Lilith Stangenberg) auf. Nur um sie zu beschäftigen, überlässt er ihr die Recherche für einen scheinbar banalen Fall. Doch bald wittert Fabian in Nadjas Fall einen Vergiftungsskandal…

Die Einführung des Protagonisten Fabian (Florian David Fitz) erinnert an das Intro von Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof (1954): Die autonome Kamera wandert wie bei Hitchcock durch das Zimmer des Hauptcharakters und zeigt Fabian beim Aufstehen, Duschen, E-Mails- und News-Checken. Was Hitchcocks Protagonist Jeff (James Stewart) und Fabian neben ihrem Job gemein haben: Sie sind besessene Voyeuristen und Risikosucher.

Nadja verbeißt sich in dem FallDer „Master of Suspense“, Hitchcock, ist bekannt für seine Thriller. Auch Regisseur Christoph Hochhäusler bemüht sich, sich diesem Genre zu bedienen - leider gelingt ihm dies nicht auf allen Ebenen. Zwar erlangt der Zuschauer schon früh im Sinne der Suspense einen großen Wissensvorsprung, indem er eingeweiht wird in die manipulierenden Machenschaften der Lobbyisten und Politiker, jedoch verpufft Hitchcocks metaphorische Zeitbombe ohne großes Aufsehen. Nach anfänglichen schön eingesetzten Thriller-Momenten gleicht Die Lügen der Sieger immer mehr einer nüchternen Dokumentation der Manipulationen von Journalisten durch politische Interessen. Somit erhält man erschreckend realistische Blicke hinter die Kulissen einer inzwischen leider nicht unbedingt unüblichen Medienrealität.

Im Gegensatz zu dem erschlaffenden Spannungsbogen erzeugt die sich ständig bewegende Kamera mit Überbelichtungen und gleißendem Licht eine surreale Optik, die einen misstrauischen Blick auf die Realität nahelegt. Schwarz-Weiß-Einstellungen, Handkamera sowie Aufnahmen durch Glasscheiben greifen das Motiv des Voyeurismus‘ auf: Die Protagonisten Fabian und Nadja werden auf Schritt und Tritt verfolgt, egal ob in der virtuellen oder realen Welt. Fabian darf sich keinen Fehltritt leisten

Konsequent zeigt Hochhäusler einen desillusionierten Blick auf den Interessenskonflikt um die Erschaffung einer öffentlichen Meinung. Die Lobbyisten und Politiker werden von Anfang eindeutig als egoistische Drahtzieher eingeführt. Doch auch Florian David Fitz und Lilith Stangenberg mimen ein unnahbares und kühles Team, das sich dem kritischen Blick nicht entziehen kann. Genauso stellen sich die Fragen: Wie unabhängig sind Journalisten? Wie viel sind sie bereit, für eine gute Story einzubüßen? Oder wie vertraulich sind Informationsquellen, gerade im Internet?

Gezeigt wird, dass lediglich eigene Interessen und möglichst große Profite im Vordergrund stehen: Die strebsame Praktikantin, die es für ein lukratives Jobangebot nicht so ganz ernst nimmt mit der Wahrheit, ebenso wie der Ressortleiter, der bei einer Richtigstellung bloß an das gute Image seiner Zeitung denkt. Die Drahtzieher und somit die „Sieger“ sind im Endeffekt die, die am besten lügen und „ihre“ Medienrealität durchgesetzt bekommen - egal ob sie sich Politiker, PR-Berater, Lobbyisten oder Journalisten nennen.

Spielt die Volontärin Nadja ein ehrliches Spiel?

Fazit:

Die Lügen der Sieger beäugt kritisch die Erschaffung von Medienrealitäten und öffentlicher Meinung. Er beginnt als spannender Thriller mit voyeuristischer Kameraführung sowie Lichtexperimenten. Leider verliert er etwas an Fahrt und nähert sich einer Dokumentation über Macht des Lobbyismus an. Die Lügen der Sieger ist trotzdem ein sinnvoller, ernüchternder und ungeschönter Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema „Was ist Medienrealität?“.

17. Juni 2015, von Katharina 'Katharina S.' Späth

Fabian arbeitet nur widerwillig mit Nadja zusammen
Fabian steckt in Spielschulden
Nadja verbeißt sich in dem Fall
Fabian darf sich keinen Fehltritt leisten
Spielt die Volontärin Nadja ein ehrliches Spiel?