Codex Mortis läutet ein neues Zeitalter ein: Das KI-Game polarisiert die Branche!

Künstliche Intelligenz avanciert vom Codegenerator zum kreativen Werkzeug. Claude Code, ChatGPT und andere Programme werden immer besser und immer einfacher zu bedienen und dann taucht da plötzlich ein Spiel auf, das sich anschickt, die Gaming-Branche zu verändern.

Codex Mortis, laut Entwickler vollständig mit generativer KI entwickelt, sorgt für Schlagzeilen, Diskussionen und Stirnrunzeln. Was als ambitioniertes Experiment begann, hat sich in kürzester Zeit zu einem der meistdiskutierten Indie-Games des Jahres entwickelt. Es überzeugt nicht gerade mit herausragender Qualität oder futuristischer Grafik, aber es stellt eine wichtige Frage. Reicht KI aus, um ein echtes Videospiel zu erschaffen?

Ein Game wie aus dem Jenseits
Wer sich in das pixelige Chaos stürzt, landet in einem nekromantischen Bullet-Hell-Szenario, in dem alles von untoten Legionen bis zu dämonischen Fratzen über den Bildschirm wogt. Aufgabe ist es, eine „Todeskompanie“ aus Skeletten, Lichs und anderen liebenswerten Albträumen zu kommandieren, während Zauber-Synergien wie Glühwürmchen durch die Arena flitzen. Das klingt nach kreativem Wahnsinn, doch beim genaueren Hinsehen weicht das Staunen einer gewissen Vertrautheit.

Der Vergleich mit Vampire Survivors liegt derart nah, dass er praktisch zum Spielkonzept gehört. Hordenbasierte Mechanik, passive Power-ups, simple Steuerung, auflevelbare Builds. Das haben Gaming-Fans alles schon einmal gesehen, nur dieses Mal eben mit Skeletten statt Knarren. Drei Spielmodi stehen bereit, und zwar „Escape“ für den schnellen Horrortrip, „Challenge“ für Freunde des digitalen Masochismus und „Eternal“ für alle, die sich gerne in unendlichen Run-Schleifen verlieren.

100 Prozent KI-generiert, was heißt das überhaupt?
Laut Entwickler Grolaf, der sich im Netz auch als „Crunchfest“ herumtreibt, entstand das Spiel in gerade einmal drei Monaten. Ein sportlicher Zeitrahmen, der sich nur erklären lässt, wenn man Maschinen die Arbeit überlässt. Laut eigenen Aussagen stammt alles, was im Spiel zu sehen, hören oder spielen ist, aus der Feder generativer KI. Vom Code über die Musik bis zu Grafiken und Item-Beschreibungen soll kein einziges Pixel „von Hand“ entstanden sein.

Die Rolle des Entwicklers war somit eher die eines Dirigenten als die eines Komponisten. Statt selbst zu coden, orchestriert er Prompts, filtert Ergebnisse und fügt das Mosaik zu einem Spiel zusammen. Ein spannender Rollenwechsel, der Kreativität umlagert. Doch auch das sorgt für Kontroversen.

Dies ist im Gaming-Bereich übrigens keineswegs gänzliches Neuland. Im Casino-Bereich werden etwa Slots schon seit Längerem zumindest mit Hilfe von KI entwickelt. Der Unterschied fällt vielen Spielern in der Praxis kaum auf. Gerade in Casinos ohne deutsche Lizenz (vgl. https://coincierge.de/online-casinos/casinos-ohne-deutsche-lizenz/) sind solche Spiele immer häufiger zu finden. Aber was bedeutet es letztlich, ein Spiel zu „erschaffen“, wenn kein Teil davon selbst geschrieben wurde?

So reagiert die Gaming-Community
Die ersten Reaktionen auf Steam waren alles andere als zurückhaltend. Es gab bissige Kommentare wie „als hätte ein Kind KI-Generatoren missbraucht“ und nüchterne Enttäuschung über Bugs und Balancing-Schwächen. Manche wittern hinter dem hundertprozentigen KI-Projekt lediglich einen Marketing-Stunt, der durch gezielte Provokation Sichtbarkeit erzeugt. Andere feiern es als mutiges Statement, das den Finger genau in die offene Wunde der Branche legt.

Tatsächlich scheint Grolaf kein Interesse an einer glatten Außendarstellung zu haben. Vielmehr wirkt es, als wäre die Kontroverse eingeplant gewesen. Screenshots, Trailer, sogar das Steam-Titelbild, alles schreit nach „schaut her, was KI kann“, aber eben auch nach „ja, ich weiß, dass es noch nicht perfekt ist“. Ein kalkulierter Tabubruch scheint möglich.

Ein Spiel, das nicht einmal verstanden wird
Wer alles der KI überlässt, steht irgendwann vor einer simplen, aber fundamentalen Frage. Wer versteht eigentlich noch den Code? Grolaf selbst gibt zu, dass er viele Zeilen nicht nachvollziehen kann und das ist keine kleine Nebensache. Denn wenn Bugs auftreten, lässt sich nicht einfach manuell eingreifen. Der Debugging-Prozess mutiert zum Glücksspiel, in dem Trial-and-Error plötzlich wieder Hochkonjunktur hat.

Auch das Balancing leidet spürbar. Manche Zaubersynergien sind absurd überpowert, andere völlig irrelevant und während Vampire Survivors mit minimalistischer Eleganz punktet, wirkt Codex Mortis oft wie ein Flickenteppich aus Effekten, Sounds und Assets, die nicht immer harmonieren. Es fehlt an jener redaktionellen Schärfe, die gute Spiele auszeichnet, was hier durch fehlende menschliche Kontrolle begründet ist.

Mit der Veröffentlichung von Codex Mortis steht ein Begriff wieder im Raum, der lange als philosophisches Gedankenexperiment galt. Es geht um die Autorschaft. Wenn ein Spiel vollständig von Maschinen geschrieben, komponiert und gestaltet wurde, wer ist dann der Urheber? Und wie ist das rechtlich zu bewerten?

Die Meinungen gehen auseinander. Für die einen ist KI ein Werkzeug wie Photoshop oder Unity, also etwas, das kreative Prozesse unterstützt, aber nicht ersetzt. Für die anderen ist sie eine Bedrohung, die menschliche Originalität durch algorithmisches Flickwerk ersetzt. Gerade für Illustratoren, Texter oder Composer wird die Debatte unbequem, denn Codex Mortis zeigt, dass die Tools mittlerweile in der Lage sind, funktionierende, wenn auch nicht brillante Inhalte in Rekordzeit zu erzeugen.

Kein Glücksspiel, keine Lizenzpflicht, doch was sagt das Recht dazu?
Rein rechtlich betrachtet bewegt sich Codex Mortis derzeit in einem weitgehend ungeregelten Raum. Es handelt sich nicht um ein Glücksspiel, also entfallen alle Anforderungen, die etwa für lizenzierte iGaming-Produkte gelten würden. Auch der Steam-Release erfordert keine Prüfung durch Aufsichtsbehörden, solange keine jugendgefährdenden Inhalte oder rechtlichen Verstöße vorliegen.

Das könnte sich jedoch ändern. Die EU arbeitet bereits am „AI Act“, der bestimmte Anwendungen von künstlicher Intelligenz unter klare Regeln stellen soll. Zwar liegt der Fokus aktuell eher auf sensiblen Bereichen wie Medizin oder Justiz, doch auch im Bereich digitaler Inhalte dürfte bald nachgeschärft werden. Denn wenn Spiele durch Maschinen „arrangiert“ werden, entstehen neue Fragen rund um Datenschutz, Urheberrecht und Haftung.

Ein Blick in die Zukunft: Was bleibt von Codex Mortis?
So umstritten das Spiel auch ist, es hat eine Diskussion angestoßen, die längst überfällig war. Codex Mortis zeigt, was heute schon möglich ist, wenn man KI-Tools konsequent einsetzt. Gleichzeitig macht es unmissverständlich klar, wo die Grenzen liegen. Ohne menschliche Kuration, ohne konzeptionelle Stringenz und ohne echtes Spieldesign ist auch das mächtigste KI-Arsenal ein Werkzeugkasten ohne Plan.

Für Indie-Studios, die mit knappen Budgets und kleinem Team arbeiten, könnten solche Tools dennoch ein Segen sein. Prototyping, Asset-Generierung, einfache Dialoge oder Musik-Skizzen, all das lässt sich beschleunigen. Doch der kreative Kern eines Spiels, sein Herzschlag, kommt weiterhin aus Fleisch und Blut, nicht aus Token und Prompts. Codex Mortis ist vielleicht kein Meilenstein der Spielekunst. Aber es ist ein ziemlich lauter Weckruf.

23. Dezember 2025, von Alex 'Alex B.' Börner

Foto von Steve Johnson auf Unsplash