Review (Xbox 360): Hitman: Absolution
Der geheimnisvolle Glatzkopf mit dem Barcode auf dem Hinterkopf ist wieder da! Nach ca. 6 Jahren Auszeit meldete sich Agent 47 am Ende des letzten Jahres in Hitman: Absolution zurück. Ob der neueste Teil der beliebten Schleich- und Attentat-Serie an alte Erfolge anknüpfen kann, lest ihr hier.
Grafik
Hitman: Absolution weiß mit seiner sehr stimmigen Atmosphäre zu gefallen. Egal, ob man nun durch das mit Menschen überrannte Chinatown schlendert, über die mit Gas vernebelten Dächer Chicagos flüchtet, oder ein wenig Sightseeing in dem verschlafenen Örtchen Hope im Süden der USA macht, die Stimmung wird immer sehr gut rübergebracht und versprüht einen eigenen Charme. Dabei bleiben die Texturen beinahe durchweg angenehm scharf, und Pop-Ups o.ä. sind eine Seltenheit. Darüber hinaus sind die Animationen sowohl von 47 selbst als auch von seinen Widersachern schön anzuschauen, auch wenn es hier immer mal wieder zu merkwürdigen Situationen kommt aufgrund einer teilweise suboptimalen Kollisionsabfrage. Es passiert öfters, dass mal ein Item einfach in der Luft schwebt, oder das Aufheben eines Körpers etwas komisch aussieht. Die Zwischensequenzen, auf der anderen Seite, können vollends überzeugen. Diese sind sehr schön animiert und auch sehr gut in Szene gesetzt, sodass sie aus einem Thriller stammen könnten.
Sound
Die Musik hält sich während 47s Abenteuer angenehm im Hintergrund, sodass man sich auf die Schleichaction sowie auf die Umgebungsgeräusche konzentrieren kann. Nichtsdestotrotz untermalen die Stücke das Geschehen perfekt und passen sehr gut zu den jeweiligen Locations (in Hope, z. B. hat man eher an Country-angelehnte Hintergrundmusik). Bei Abschluss eines Levels sowie in den Zwischensequenzen macht sich die Musik erst richtig bemerkbar, und das mit einem Hans-Zimmer-ähnlichen Bass, der durch Mark und Bein des Spielers geht. Kann sich schon hören lassen. Durch die stille Musik kann man sich auf die Konversationen der Gegner konzentrieren, was essenziell für das Absolvieren der Missionen ist. Leider kann ich zur deutschen Sprachversion nichts sagen, da meine Version des Spiels nur die englische Version beinhaltete. Diese ist dafür sehr gut geworden. IO Interactive hat keine Kosten und Mühen gescheut, professionelle Sprecher für Hitman: Absolution anzuheuern, und das macht sich auch definitiv bemerkbar. Die Sprecher (unter ihnen Namen wie Vivica A. Fox, Powers Boothe, und Keith Carradine) machen ihre Sache sehr gut und professionell.
Gameplay
Es ist der persönlichste Auftrag für Agent 47: Nachdem sie die Agency hintergangen hat, muss Diana Burnwood eliminiert werden. 47, der Diana zu seinen engsten Vertrauten zählt, nimmt den Auftrag an. Nachdem er ihr Anwesen infiltriert hat, findet er sie unter der Dusche und erschießt sie. Bevor sie jedoch stirbt, bittet sie 47, Victoria, ein mysteriöses Mädchen, um das sie sich gekümmert hat, vor der Agency zu beschützen. 47 schlägt Diana ihren letzten Wunsch nicht aus, und bringt Victoria in Sicherheit. Trotzdem wird sie schlussendlich entführt, womit für 47 ein persönlicher Rachefeldzug gegen ihre Entführer sowie gegen die Agency beginnt ...
Obwohl der Plot definitiv eine solide Grundlage für einen Thriller bietet, wird leider schnell deutlich, dass er nicht mehr als eine Rahmenhandlung ist, die dazu dient, die Missionen, die sich an verschiedensten Orten in den USA abspielen und man deswegen öfters den Eindruck hat, als würden sie unabhängig voneinander stattfinden, in einen Kontext zu bringen. Man fühlt auch nur zu Beginn des Spiels mit 47 mit, da er dort das einzige Mal wirklich Emotionen zeigt. Den Rest des Spiels bleibt er der kaltblütige Killer, der anscheinend nur seinen Auftrag ausführen und dann zu seinem „normalen“ Leben zurückkehren will. Sehr Schade. Was die Jungs von IO Interactive aber geschafft haben, ist dem Spiel die wahrscheinlich skurrilste Riege an Charakteren zu spendieren, die ich seit langen gesehen habe. Man trifft in Hitman: Absolution einen genmanipulierten Mexikaner, spärlich bekleidete Nonnen, die 47 nach dem Leben trachten, und einen Gegenspieler, der in dem unpassendsten aller Momente eine Blutansammlung im Lendenbereich hat. Mehr als einmal denkt man sich einfach „Was zur….? Ernsthaft?“ Das Spiel besitzt auch einen grandiosen schwarzen Humor, wodurch die an sich dunkle Geschichte immer wieder sehr aufgelockert wird. Sei das nun durch die Durchführung des Attentats im Bieber-Maskottchen Kostüm des hiesigen Football-Vereins, das Herausziehen eines Gegners, der gerade erst am Telefon von seinem Arzt gesagt bekommen hat, dass er nicht an Krebs erkrankt ist, oder eines der skurrilsten Easter Eggs, das ich bisher gesehen habe (Stichwort: Ice-Cream Van), das Spiel strotzt nur so vor solchen Momenten.
Spielerisch weiß das Spiel zu überzeugen. Es ist einfach immer wieder eine Wonne, einen Level zunächst auszukundschaften, um dann einen Plan zu schmieden, ohne Wachen zu alarmieren zu seinem Opfer vorzudringen, und im idealsten Falle sein Ableben wie einen Unfall zu inszenieren. Das alles geht auch gut von der Hand, die Steuerung ist einfach und intuitiv. Angenehm ist auch, dass es nicht mehr ausschließlich Attentatsmissionen gibt, sondern auch Missionen, in der man auf der Flucht ist.
Dadurch kommt eine gewisse Portion Abwechslung ins Spiel, was Hitman: Absolution gut tut. Was ein wenig an dem an sich positiven Bild des Gameplays kratzt, ist die sehr schwankende KI der Widersacher. Meistens sind diese recht aufmerksam, doch immer wieder haben sie auch gröbere Aussetzer und stellen sich einfach nur wie Idioten an. Allgemein sind die NPCs immer mal wieder für einige Lacher gut, denn sie reagieren auf alles, was 47 tut. Sprich, wenn ein Passant sieht, wie man an einer Ecke lauert, kommt schon mal ein salopper Spruch á la „Was machst du denn da?“ von einem vorbeilaufenden Passanten. Diese kleinen Details helfen ungemein bei der Immersion des Spiels.
Traditionell gibt es natürlich auch nicht den einen Weg, um eine Mission zu schaffen, sondern beinahe unendlich viele Möglichkeiten. Natürlich kann man wie John Rambo einfach mit gezückten Waffen durch die Vordertür stürmen und alles über den Haufen schießen, was einem im Weg steht (das nötige Waffenarsenal ist auch vorhanden), doch ist es, zumindest meiner Meinung nach, viel belohnender, wie ein Geist sich zu seinem Opfer vorzuschleichen, um dieses dann den den Garaus zu machen, und dann ungesehen wieder zu verschwinden. Diese Art und Weise wird von dem Spiel auch belohnt. Man erhält bzw. verliert nämlich in jedem Level für jede Aktion Punkte. Nach jedem Level werden diese zusammengezählt, und der Spieler sieht, wie er im Vergleich zum Rest der Welt, dem Rest seines Landes, oder einfach im Vergleich zu seinen Freunden abgeschnitten hat. Ein nettes kleines Feature, was motiviert, die Level so gut wie möglich abzuschließen. Ich habe mich öfters dabei erwischt, wie ich einen Checkpoint neu geladen habe, weil ich entdeckt wurde. Ich hätte die Mission immer noch abschließen können, aber ich wollte einfach unentdeckt bleiben. Jeder Level beinhaltet auch sogenannte Challenges, kleinere Aufgaben, mit denen man seine Punkteausbeute pro Level maximieren kann. Diese reichen von recht allgemeinen Aufgaben wie „Niemanden töten“ oder „Unentdeckt bleiben“ zu missionsspezifischen Aufgaben, z. B. „Töte XY durch eine Explosion“. Da man diese Challenges nicht im ersten Durchgang alle schaffen kann, muss man die Missionen öfter spielen, wenn man wirklich alles freischalten will. Dabei wirkt es nicht wie eine künstliche Verlängerung des Spiels, sondern fügt sich sehr schön ins Spielgeschehen ein. Durch die Challenges schaltet man auch Verbesserungen für 47 frei, in Form von mehr Widerstandsfähigkeit oder besserer Zielgenauigkeit. Dies passiert aber leider automatisch, der Spieler kann darauf keinen Einfluss nehmen.
Eine der recht generischen Challenges führt mich zum nächsten Punkt, denn in jedem Level sind verschiedene Kostüme versteckt, welche man (im Idealfall) während der Missionen alle mal tragen soll. Man merkt also, die typischen Verkleidungen spielen wieder eine große Rolle im neuen Ableger der Hitman-Serie. Es gibt nicht nur wieder schier unendlich viele Verkleidungen, sondern auch einige ziemlich irre. Wer wollte nicht schon immer als Hühnchen verkleidet auf einem U-Bahn Gleis an Polizisten vorbeischleichen? Man muss aber sehr aufpassen mit den Verkleidungen. Diese bringen zwar immer gewisse Perks mit sich, doch wenn man z. B. als Polizist seinen Kollegen über den Weg läuft, können diese einen ohne Weiteres enttarnen. Man muss seine Verkleidungen also sehr gut und gewissenhaft auswählen. Um nicht entdeckt zu werden, stehen 47 verschiedene Optionen zu Wahl. Entweder versteckt er sich an dafür vorgesehen Punkten („Hidden in Plain Sight“ sozusagen, sprich als Polizist widmet man sich einer Packung Donuts…) oder benutzt ein neues Feature, nämlich Instinkt. Wenn man kurz davor steht, entdeckt zu werden, kann man Instinkt aktivieren, welches 47 hilft, sich in Sicherheit zu bringen. Natürlich ist der Einsatz begrenzt, denn bei Aktivierung neigt sich der Instinkt-Balken langsam aber sicher dem Ende entgegen. Allgemein ist Instinkt eine sehr starke Waffe von 47, denn er erlaubt es ihm auch, Gegner und ihre Laufwege durch Wände hindurchzusehen. Wem das alles zu einfach ist, kann auch in den Optionen einstellen, was der Instinkt-Modus alles anzeigen soll. Ein nettes Feature.
Wem nach der knapp zehn Stunden langen Kampagne immer noch die Finger nach neuem Material jucken, sollte sich den Contracts-Modus anschauen. In diesem kann man nicht nur „neue“ Missionen herunterladen, sondern auch eigene erstellen. Neu in Anführungszeichen, weil man einfach die Schauplätze der Kampagne nimmt, und sich neue Opfer sucht, und deren Art und Weise des Ablebens sowie die Verkleidung und Waffen von 47 auswählt. Somit stehen einem (theoretisch) unendlich viele Missionen zur Verfügung. Das alles klappt auch sehr gut.
Fazit
Technisch sauber, spielerisch absolut überzeugend. Hitman: Absolution ist ein würdiger Vertreter der Hitman-Reihe und ein sehr gutes Game. Bei Hitman-Fans sollte der Titel sowieso schon im Regal stehen. Aber auch Fans von Schleichspielen sollten sich den Titel definitiv mindestens mal ansehen.