Review (PC): Satinavs Ketten

Aventurien – bisher bekannt aus dem Paper&Pen-Rollenspiel Das Schwarze Auge, den PC-Rollenspielen der Nordland-Trilogie und den Drakensang-Titeln – präsentiert sich in Satinavs Ketten dem Spieler auf eine völlig neue Art: als Point&Click-Adventure. Ob die Umsetzung gelungen ist, verrät euch unsere Review.

Satinavs Ketten und ich hatten keinen guten Start. Die Installation lief alles andere als problemlos. Das Spiel benötigt einen Steam-Account und der Nutzer muss die entsprechende Software installieren. Dieser Prozess startete bei mir nicht automatisch, der manuelle Start führte erst einmal zu einem Absturz der Installationsroutine. Nach einem Neustart funktionierte die Installation aber reibungslos. Trotzdem war ich leicht genervt – schließlich brannte ich voller Ungeduld darauf, endlich in die Welt von Aventurien einzutauchen. Ein Doppelklick brachte mich endlich nach Andergast, in die Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs, wo das Abenteuer beginnt. Oder sollte ich sagen: Bereits begonnen hat?!

Vor 13 Jahren wurde in Andergast ein Seher auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Das Volk forderte seinen Tod, denn alle seine Vorhersehungen, allesamt düsterer Natur, wurden wahr. Während das Feuer schon hoch loderte, machte er eine letzte Prophezeiung: Geron, ein kleiner Junge, der sich ebenfalls unter den Zuschauern befand, würde eines Tages dem Land den Untergang bringen. Von diesem Tag an hatte Geron es schwer. Alle Stadtbewohner sehen in ihm einen Unglücksbringer, meiden oder schikanieren ihn. Als der König die Stadtbevölkerung zu einer Quest aufruft, sieht Geron darin eine Chance, seinen Ruf wieder zu verbessern. Doch ehe er sich versieht, wird aus der Suche nach einem Eichenblatt eine Reise voller Rätsel und Gefahren mit dem Ziel, sich dem eigenen Schicksal zu stellen.

Optisch machen die einzelnen Szenen des Spiels einiges her. Sie sind liebevoll gezeichnet, sehr detailreich gestaltet und alle Objekte und (fast alle) Personen fügen sich nahtlos in das Bild. Auf der einen Seite wirkt das sehr angenehm, auf der anderen Seite macht es das wirklich schwierig, wichtige Objekte zum Mitnehmen oder Interagieren zu entdecken. Doch das stellt sich schnell als unproblematisch heraus. Das Spiel verfügt über eine Hilfe-Funktion, mittels der man sich diese „HotSpots“ anzeigen lassen kann. Mein einziger Kritikpunkt bei der optischen Gestaltung liegt bei der Einbettung der Hauptfiguren Geron und Nuri, einer Fee, welche Geron zu Beginn des Spiels begegnet und die ihn begleitet. Die beiden vom Spieler steuerbaren Figuren wirken leicht „aufgesetzt“, d.h. sie verschmelzen nicht so gut mit dem Hintergrund wie NPCs oder Gegenstände.

Eine deutlich andere Darstellung erfolgt bei den Zwischensequenzen, welche die Handlung beschleunigen und z.B. Reisen zusammenfassen. Hier berichtet ein Sprecher von den Geschehnissen, welche in teilweise animierten Zeichnungen dargestellt werden.
Hinterlegt ist das Spiel mit einem wunderschönen Soundtrack, der an keiner Stelle langweilig wirkt oder dem Spieler wegen zu vieler Wiederholungen unangenehm wird.

Die Steuerung durch das Spiel ist denkbar einfach und genau so, wie man es von einem Point&Click-Adventure erwartet. Ein Klick lässt Geron zu einer bestimmten Stelle laufen, einen Gegenstand aufheben oder mit Personen sprechen. Das Verwenden oder Kombinieren von Gegenständen wird durch die Verwendung des Scrollrads der Maus vereinfacht: Durch Drehen des Rads werden sämtliche Gegenstände im Inventar durchgeblättert und direkt als „aktiv“ ausgewählt. So muss man das Inventar nicht jedes Mal öffnen, was sich gerade beim Ausprobieren von Kombinationen und Einsatzmöglichkeiten der Items als zeitsparend erweist.
Erfreulich ist auch, dass man Dialoge jederzeit überspringen kann. Zwar sind diese gut gesprochen, die Stimmen der Sprecher passen zu den Charakteren und geben auch gut die Gefühlslage der Personen wieder, doch möchte ich mir einen Dialog nicht zwei Mal hintereinander anhören müssen, nur weil ich mich bei der Auswahl des Satzes verklickt habe. Negativ aufgefallen ist mir bei den Dialogen, dass die vergrößerte Darstellung der Figuren an Details verliert und die Animation nicht (immer) synchron ist.

Im Vergleich zu anderen Adventure-Games fallen die Rätsel meiner Einschätzung nach sehr gemischt aus. Auf der einen Seite gibt es Rätsel, bei denen mir direkt klar wurde, was die Aufgabe ist und die Lösung mehr als offensichtlich war. Auf der anderen Seite gibt es Situationen, in denen ich wusste, was zu tun ist – aber das Spiel es an der Stelle noch nicht zugelassen hatte. Ich musste zuerst mit einer Person sprechen, damit ich einen „Lösungshinweis“ bekomme. Danach funktioniere mein Plan dann auch. Bei manchen Rätseln hätte ich mir aber auch ein wenig mehr Hilfestellung vom Spiel erhofft. Gerade beim Einsatz und Kombinieren von Gegenständen wäre hilfreich zu wissen, warum Gegenstand A sich nicht direkt mit Gegenstand B verbinden lässt (man kann in der Darstellung zum Beispiel nicht erkennen, ob das eine Stück klein genug ist, um in das andere zu passen). Die Frustrationsgrenze wird aber nur selten überschritten und mit ein wenig Ausprobieren kann man die Rätsel dann doch lösen. Auch die Tatsache, dass sich die Rätsel und deren Lösung in der Regel lokal abspielen (im Rahmen von nur wenigen Screens), macht die Lösung auch einfacher – es schränkt die Möglichkeiten zur Interaktion mit Personen und Gegenständen ein und erspart dem Spieler ermüdendes Herumlaufen.

Soweit zu „Satinavs Ketten“ als reines Computerspiel. Die Frage, die ich mir schon lange vor dem Erscheinen gestellt habe, war aber: Schafft es das Spiel, die Atmosphäre von Aventurien, wie ich sie als langjähriger Spieler aus dem Paper&Pen-Rollenspiel kenne, einzufangen und dem Spieler näherzubringen?

Die Antwort ist ein ganz deutliches „Jein“! Auch wenn die Zeichnungen ohne Frage gut gelungen sind, sind sie mir teilweise etwas zu comicartig und nicht „erwachsen“ genug. Der Soundtrack ist aber sehr überzeugend und wirklich stimmig. Das macht es mir leicht, mich auch in diesem Aventurien wohl und zuhause zu fühlen. Die Darstellung der Welt allerdings deckt sich nicht ganz mit meiner Vorstellung und auch nicht mit dem offiziellen Regelwerk. In Letzterem wird Andergast zwar als rückständig beschrieben, jedoch habe ich hier im Spiel den Eindruck bekommen, als ob die Stadt gerade mal schnell aus ein paar Brettern zusammengezimmert wurde und der König ein etwas besserer Schweinebauer ist. So kann diese andere (inoffizielle) Darstellung auch bei der Lösung von Rätseln hinderlich sein: An einer Stelle muss man durch einen Screen, in dem sich auch ein orkischer Kampfhund befindet. Meine ersten Gedanken waren daher: Wie kann ich die Bestie ablenken, damit sie mich nicht zerfleischt. Denn im offiziellen Aventurien werden diese Hunde als so blutrünstig beschrieben, dass sie bei der Zucht nur mit Maulkörben davon abgehalten werden können, sich bei der Paarung zu töten. Doch ich habe mir im Spiel zu viele Gedanken gemacht. Man kann sich sogar direkt vor den schlafenden Hund stellen, ohne dass er aufwacht.

Mir war schon vor dem Installieren klar, dass ein Point&Click-Adventure nicht die rollenspielerische Tiefe erreichen kann, wie man sie bei einer DSA-Runde mit menschlichen Mitspielern hat. Daher hat es mich gefreut, dass die Charaktere doch gut ausgearbeitet sind und auch etwas charakterliche Tiefe besitzen. Bei vielen Personen passt das sehr gut. Bei anderen wirkt der Charakter jedoch platt, aufgesetzt und eintönig. Der Rabe, der das junge Paar Geron und Nuri zeitweise begleitet, ist einer dieser Kandidaten. Bei der Verkörperung des Geron hat man als Spieler leider auch nur sehr beschränkt die Möglichkeit, in die Interaktion mit anderen Personen einzugreifen. Zwar stehen manchmal mehrere Optionen zum Anworten zur Verfügung (mal unterwürfig, mal provokant), jedoch hat dies k(aum)einen Einfluss auf das weitere Geschehen.

Anschließend kann ich jedoch sagen: Gut gemacht! Trotz der von mir geäußerten Kritik fühle ich mich doch recht wohl mit dem Spiel, auch wenn mir die beiden Drakensang-Titel mehr zusagten. Die Story ist jedoch „echt aventurisch“ und definitiv wert, sie mitzuerleben.

30. August 2012, von Kai Martiny

Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten

PC Spiel

GenreAction-Adventure Adventure
PublisherKoch Media
Websitesatinavsketten.de
Facebookfb/Daedalic
Release22.06.2012
EAN4020628087982