Preview (Kino): Maniac
Am 27. Dezember erscheint Franck Khalfouns Remake von William Lustigs Horrorfilm Maniac (USA, 1980). In der Neuverfilmung übernimmt Elijah Wood den Part des Mörders Frank. Spätestens nach diesem Film traut man dem Frodo-Darsteller auch düstere und verstörende Rollen zu...
„Please don’t cry!“, bittet eine flüsternde Männerstimme eine junge Frau, die sich erschrocken vor ihrer Wohnungstür umdreht und einen Fremden hinter sich erblickt. Die Frau setzt zum Schrei an, doch da stößt ihr der Unbekannte ein Messer durch Kiefer und Zunge. Schon mit der ersten Szene wird dem Zuschauer klar, dass ein 90-minütiger Slasherfilm folgen wird.
Frank (Elijah Wood) ist ein zurückhaltender und verschlossener junger Mann, der in dem Geschäft seiner verstorbenen Eltern Schaufensterpuppen restauriert. Fasziniert von den antiken Puppen steht eines Tages die Fotografin Anna (Nora Arnezeder) vor seiner Tür. Frank fühlt sich sofort zu ihr hingezogen und sie freunden sich an. Doch Anna ahnt nichts von Franks psychotischen Störungen: Nachts lauert er Frauen auf, treibt sie in die Enge, tötet und skalpiert sie. Mit ihren Haaren schmückt er Schaufensterpuppen, damit sie so aussehen wie ihre Vorbilder und er sie immer in seiner Nähe hat ...
Produzent und Autor ist Alexandre Aja, der mit High Tension oder seinem Remake von Wes Cravens The Hills Have Eyes international bekannt wurde. Der fanzösische Regisseur und Drehbuchautor gilt als Fachmann im Horror-Genre, was man anhand dieses Remakes von William Lustigs Maniac ohne Zweifel bestätigen kann.
Elijah Wood alias Frank hat den Zuschauer den kompletten Film über in seiner Gewalt. Die subjektive Kamera von Maxime Alexandre zeigt mit wenigen Ausnahmen die Geschichte aus der Sicht des Protagonisten: Man sieht seine Hände, wenn er die Rasierklinge zieht, seine blutverschmierten Schuhe, wenn er nach unten schaut. Die Geschehnisse werden durch Franks Augen gezeigt und somit wird dem Zuschauer eine identifikatorische Nähe eröffnet. Begleitet von Franks Schnaufen hat man das Gefühl, als ob man selbst die Frauen in die Enge treibt, weil die subjektive Kamera so dicht an die Opfer herantritt. Mithilfe dieser Kameraführung will sich der Regisseur Franck Khalfoun von der stereotypischen Darstellung eines Serienmörders abgrenzen und stattdessen Mitleid und Einfühlvermögen für diesen bei dem Zuschauer erreichen.
Unscharfe oder verwackelte Einstellungen verstärken zudem das Verschmelzen von Zuschauer und Protagonist. Lediglich in wenigen Ausnahmen distanziert sich die Kamera von Frank und zeigt ihn zum Beispiel als den kaltblütigen Killer mit dem Messer ausholend und auf sein Opfer einstechend. Man könnte befürchten, dass durch dieses hautnahe Dabeisein die Spannung verloren geht. Dies ist jedoch in keiner Minute der Fall. Zum einen wird das Töten der Frauen solange hinausgezögert, bis die Opfer wie Tiere in die Enge getrieben sind, zum anderen fürchtet man bis zur letzten Minute um die ahnungslose Anna.
Wie auch die Kamera ist der Ton von Franks subjektiven Wahrnehmungen geprägt: Man hört seinen Atem oder grelle Töne, wenn er einen psychotischen Anfall bekommt. Während der Ertränkung einer Frau in ihrer Badewanne erklingt Schubert Ellens dritter Gesang, oft auch Ave Maria genannt. Das Stück basiert auf Walter Scotts Gedicht „Lady of the Lake“. Wie auch in dem Gedicht ist das verzweifelte Gebet an die Jungfrau Maria vergeblich.
Fazit:
Der außergewöhnliche Erzählstil der subjektiven Kamera macht Maniac zu einem Kinoerlebnis der besonderen Art. Man wird in seinem Kinosessel gezwungen, an den sehr detailliert gezeigten Morden teilzunehmen und man wird vor nichts verschont, wie schon der Titel Maniac (dt.: Verrückter, Wahnsinniger) nahelegt. Franck Khalfoun wollte eine Figur erschaffen, mit der man mitfühlt, und kein stereotypisches Portrait eines Serienkillers. Dies ist ihm auch gelungen, was bei dem Zuschauer jedoch ein verstörendes Gefühl hinterlassen kann. Maniac wird voraussichtlich von der FSK erst ab 18 Jahren freigegeben – nicht ohne Grund.