Review (DVD): Edgar Allan Poe's Das Grab der Ligeia
Als der erfolgreiche Literaturwissenschaftler Jonathan Merrick in einer von ihm gehaltenen Uni-Vorlesung die atemberaubend schöne Studentin Ligeia in der Zuhörerschaft entdeckt und sich kurz darauf mit ihr verabredet, ahnt er noch nicht dass sein Leben bald darauf aus allen Fugen gerät. Immer stärker verfällt er ihrem mysteriösen Zauber und verlässt seine Verlobte Rowena, um mit Ligeia...
...in ein düsteres Anwesen am Schwarzen Meer zu ziehen.
Stark geschwächt und Ligeia völlig verfallen, kommt Jonathan dennoch einem grässlichen Geheimnis auf die Spur. Wie es scheint, ist es Ligeia gelungen das Rätsel der Unsterblichkeit zu lösen und dem Tode zu trotzen. Dies kann sie jedoch nur, indem sie andere Menschen tötet, ihre Seelen einfängt und diese als Medizin verschlingt. Wird es Jonathan überhaupt gelingen, sich von ihr zu lösen? Denn dies könnte auch ihren sicheren Tod bedeuten...
"Das Grab der Ligeia" entpuppt sich als preiswerte Poe-Verfilmung mit Licht und Schatten. Recht deutlich merkt man an einigen Stellen, dass es sich bei Michael Staininger um einen Jungregisseur handelt der hier seinen Erstling abliefert, denn der Streifen pendelt recht unstet zwischen Gothic-Horror, dunkle Romanze, Literaturverfilmung und klassischem B-Movie-Grusler. Und so führen hektische Schnitte beispielweise dazu, dass eine eben noch aufgebaute gruselige Atmosphäre gleich wieder zunichte gemacht oder Ansätze von Literaturverfilmung durch trashige Einlagen ebenfalls gestört werden.
Nicht destotrotz ist "Das Grab der Ligeia" alles andere als der totale Reinfall. Insbesondere dann, wenn beim Regisseur nicht wieder ADS ausbricht, gibt es schöne stimmige Bilder und romantisch-schaurige Szenen, die klassischen Poe-Verfilmung von Roger Corman oder Euro-Gruslern der 60er und 70er Jahre durchaus das Wasser reichen können. Insbesondere die in der Ukraine gedrehten Einstellungen haben zusätzlich etwas Bedrohliches-Exotisches an sich, das dem Film gut zu Gesicht steht. Dies gilt auch die für die Idee, den in der Gegenwart spielenden Film mit zahlreichen Anspielungen an Edgar Allan Poes Epoche zu versehen, die Flucht in das Absinth-Trinken oder die eher konservative Bekleidung der Ligeia seien hier als Beispiel genannt. Der ganze Film zeichnet sich außerdem durch einen sehr stimmigen orchestralen Soundtrack aus.
Die Idee einer Literaturverfilmung eines eher unbekannten Romans von Edgar Allan Poe gelingt dem Regisseur jedoch weniger. Insbesondere Gesichtsmasken im SM-Look und CGI-Mätzchen wie schwebende Seelenwolken in Reagenzgläsern wirken stellenweise unfreiwillig komisch. Gleichzeitig wird der Eindruck des etwas fehlenden literarischen Wertes ausgerechnet durch ein sehr schönes Extra der Special-Edition-DVD verstärkt: Der DVD liegt nämlich ein zwanzig Seiten starkes Booklet mit Literaturanalysen zur Originalgeschichte bei, welches einem auch nochmal die Genialität von Poe und den literarischen Wert seiner Originalgeschichte verdeutlicht.
Und da wir gerade bei der DVD selbst sind: "Edgar Allan Poe's Das Grab der Ligeia" ist als DVD und Blu-Ray bei splendid film erschienen und besticht durch sein schön gestaltetes Cover und wartet, wie bereits erwähnt, in der Special-Edition mit einem sehr ausführlichen Booklet auf. Etwas Ernüchterung herrscht beim Bild der DVD-Fassung. Hier hätte man sich etwas mehr Schärfe und größere Kontraste gewünscht – fairerweise sollte man sagen dass hier das Ausgangsmaterial auch nicht ganz unschuldig zu sein scheint. Dafür ist der Ton einwandfrei und man wird mit Extras wie einigen Deleted Scenes und einem sehr ausführlichen Interview-Teil belohnt.
Und in besagten Extras gibt es eine Anmerkung des Schauspielers Eric Roberts , die mich auch gleich zum eigentlichen Cast des Films kommen lässt: Roberts macht nämlich die Andeutung, dass er aufgrund seiner Freundschaft zum Produzenten diesem ziemlich entgegen gekommen sei - möglich, dass dies auch für einige andere Darsteller galt. Jedenfalls kann man dem "Grab der Ligeia" mit Darstellern wie Mackenzie Rosman ("Eine himmlische Familie"), Wes Bentley ("American Beauty"), Michael Madsen ("Kill Bill"), Eric Roberts ("Batman - The Dark Knight") und Cary-Hiroyuki Tagawa ("Die Geisha") für einen eher niedrigbudgetierten Regie-Erstling einen recht üppigen Cast bis in die Nebenrollen attestieren.
Hierbei wirkt Wes Bentley als Literaturwissenschaftler Jonathan Merrick etwas blaß, überzeugt aber dann als Opfer von Ligeia, die Rolle des Gebrochenen und Verwirrten steht ihm einfach besser. Kaitlin Doubleday ist als Jonathans Freundin einfach nur langweilig, erlebt aber später einen Charakterwechsel zum Luder, den sie sehr überzeugend darstellt - scheinbar auch eine Rolle, die ihr besser liegt. Eric Roberts wirkt recht gebremst und Michael Madsen gibt den alkoholkranken Vater akzeptabel - insofern tragisch, da Madsen auch privat Probleme mit dem Alkohol haben soll.
Besonderer Aufmerksamkeit verdient natürlich Sofya Skya als Ligeia. Sie wird sogar explizit auf dem Cover mit ihrem Status als "Miss World 2006" beworben, was jedoch im Filmbusiness meistens eher ein Garant für schauspielerisches Nichtskönnen ist. Aber Skya ist als Ligeia eine überraschend gute Besetzung. Nicht nur als unbekannte Schöne macht sie eine gute Figur, auch sonst zeigt sie sich recht wandelbar - eine weitere Schauspielerkarriere, die nicht ausschließlich aus "Ich-muss-nur-gut-aussehen"-Rollen besteht, wäre ihr jedenfalls zu wünschen.
"Das Grab der Ligeia" macht es einen bei der Gesamtbewertung nicht einfach. Schön gestaltete Szenen mit wohlig-gruseliger Atmosphäre stehen blassen Hektikphasen gegenüber und auch in Sachen Literaturverfilmung hatte Regisseur Michael Staininger bei seinem Erstling nicht immer eine glückliche Hand, auch wenn die Darstellerinnen und Darsteller teilweise hierfür entschädigen. Wer sich schon immer für alte B-Grusler und klassische Euro-Horrorstreifen begeistern konnte, der wird an "Das Grab der Ligeia" dennoch seinen Spaß haben!"